Vereinsgeschichte › Foren › Automatisierung › Fotodokumentation auf Ausgrabungen – QR-Codes und Speicherung der Metadaten
- Dieses Thema hat 5 Antworten sowie 3 Teilnehmer und wurde zuletzt vor vor 3 Jahren, 6 Monaten von Marcel C. Hagner aktualisiert.
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29. Mai 2021 um 11:42 Uhr #2236Marcel C. HagnerTeilnehmer
Liebe CAA-Community,
als Neuling wollte ich einen Thread zum Thema Automatisierung von Grabungsfotos sowie dazugehörigen Metadaten eröffnen. Ich hoffe, ich bin hier damit richtig.
Da ich zurzeit in der Privatwirtschaft bei einem archäologischen Dienstleister tätig bin, interessiere ich mich sehr für die Frage, wie Grabungsdaten von Rettungsgrabungen zwar IMMER fachlich korrekt, aber trotzdem möglichst automatisch aufgenommen, sortiert und Metadaten in die erzeugten TIFFs eingetragen werden können.
Meine Kolleg*innen und ich testen ab Juni eine Android-App, die wir extern nach unseren Wünschen haben programmieren lassen. Diese App hat zwei “Funktionen”. Zum einen kann damit eine digitale Fotoliste erzeugt werden (das manchen wir meist noch händisch mit Papier und Stift) und zum anderen QR-Codes erzeugen, die die analogen Daten der Fototafel + Fotograf + Blickrichtung + Typ abbilden. Der Plan ist, diesen QR-Code vor jeder neuen Fotoreihe einmalig abzufotografieren und damit “optisch” die archäologischen Informationen maschinenlesbar festhalten zu können.
Der zweite Schritt ist aber der Entscheidende für uns: Die Infos der QR-Codes können mittels eines Pythons-Skriptes von den Bildern ausgelesen und für die Sortierung der Bilder genutzt werden. Gleichzeitig können die Daten aus den QR-Codes abgespeichert, für die Benennung genutzt und (langfristig) dazu dienen, jedem RAW bzw. TIFF-Datei automatisch Metadaten zu liefern. Durch SfM produzieren wir bei manchen Grabungen über 50.000 Bilder. Für jedes Bild muss natürlich ein korrekter Eintrag in einer Fotoliste erzeugt werden.
Was haltet ihr davon? Auch bei Forschungsgrabungen wären sicherlich solche Automatisierungsprozesse von Vorteil. Gibt es bessere Alternativen? Mich stört schon sehr lange, dass die Metadaten der später archivierten Fotos meist wenig archäologische Informationen erhalten. Vor allem fehlt uns oft die Blickrichtung und der Fotograf (der Rest ist ja meistens auf der Fototafel oder durch den Nordpfeil ablesbar und somit auch noch später händisch in die Metadaten eintragbar).
Es hat natürlich Tücken, vor allem wenn Eingabefehler passieren oder Lesefehler des QR-Codes für eine falsche Sortierungen sorgen. Über ein Feedback würde ich mich freuen!
Ach so: es ist natürlich geplant, die App über kurz oder lang kostenfrei für Forschung und Denkmalämter zur Verfügung zu stellen, falls da Interesse besteht
Viele Grüße
mARCel30. Mai 2021 um 19:10 Uhr #2237Florian LinselModeratorLieber mARCel,
Vielen Dank für deinen Beitrag – Du bist hier genau richtig!
Andreas Maier, Robin John, Marcel Schemmel (Uni Köln) und ich (Uni Bamberg) arbeiten an einem ähnlichen System zur automatisierten Erkennung und standardisierten Aufnahme von Artefakten und Plana. Wir planen eine Python-basierte Plattform zu erstellen. Wir nutzen bereits ähnliche Algorithmen um Artefakte von Zeichnungen und Fotos zu extrahieren und auszuwerten. Auch wir planen in Zukunft automatisch generierte QR-Codes zu verwenden. Ist der QR-Code-Generator einfach per Eingabe zu bedienen? Hast du dazu bereits eine gute Lösung gefunden? Welches Export-Format werden die Fotolisten bei dir bekommen?Über einen Austausch von Ideen und Ansätzen der Umsetzung würden wir uns in jedem Fall freuen!
Beste Grüße,
Florian
30. Mai 2021 um 23:08 Uhr #2238Agnes SchneiderModeratorLieber mARCel,
Wie Florian schon schrieb – Du bist genau richtig!
(Auch) Die Automatisierung von Abläufen ist ein heißes Pflaster! Auch auf Forschungsgrabungen können solche Automatisierungsprozesse von Vorteil sein, denn es ist schon mühsam mit großen Datenmengen zu arbeiten und hinzu so, dass die Daten später auch nutzbar sein sollten/können. Mit der Automatisierung von Prozessen kann man auch gewährleisten, dass das Ergebniss standardisiert wird und dann hat man nicht das Problem dass die vorhandenen Daten uneinheitlich sind. Und ja, jedes System kann nur so gut sein wie die Eingabedaten – Wunder kann/soll man nicht erwarten.
All in all, definitiv gutes Material zur Diskussion!
Danke für Deinen Beitrag!Beste Grüße,
Agnes
31. Mai 2021 um 15:27 Uhr #2239Marcel C. HagnerTeilnehmerHallo Florian,
Hallo Agnes,vielen Dank für die rasche Rückmeldung. Es freut mich, dass das Thema passt, auch wenn es weniger um analytische Aspekte und deren Automatisierung geht.
Ist der QR-Code-Generator einfach per Eingabe zu bedienen?
Wir haben wie bereits erwähnt, über eine Firma, die Android-Apps entwickelt, eine Eingabemaske designen und programmieren lassen, die alle wichtigen Grabungs-Daten wie z.B. Befundnummer, Profilnummer, Planumsnummer, Blickrichtung, Fotograf, Datum sowie ein Bemerkungsfeld als Formular erhält. Bis auf den Inhalt des Bemerkungsfeldes (um die Komplexität des QR-Codes zu verringern), werden alle Informationen dann in einen QR-Code umgewandelt. Und gleichzeitig in einer Liste im Hintergrund gespeichert.
Der QR-Code wird, glaube ich, über eine Open-Source-Lösung für Android-Apps erzeugt, dass müsste ich nochmals nachfragen.Welches Export-Format werden die Fotolisten bei dir bekommen?
Wir arbeiten ausschließlich mit *.csv im UTF8 bwz. 16-Format. *.csv-Dateien sind auch für Grabungsfirmen in BaWü vorgeschrieben.Mit der Automatisierung von Prozessen kann man auch gewährleisten, dass das Ergebniss standardisiert wird und dann hat man nicht das Problem dass die vorhandenen Daten uneinheitlich sind.
Stimmt! Daher haben wir z. B. die Eingaben auch so beschränkt, dass das Format stimmt mit z.B. führenden Nullen (Befund 0011 nicht 11) und kein wichtiges Feld ausgelassen werden kann.
Das Ganze ist natürlich auf die Vorgaben unserer Landesdenkmalpflege zugeschnitten. Eine flexiblere Variante wäre aber sicherlich möglich.
Danke nochmals. Ich freue mich über eine rege Diskussion!
Viele Grüße,
mARCel5. Juni 2021 um 09:29 Uhr #2249Florian LinselModeratorLieber mARCel,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
Ich habe noch ein paar Anschlussfragen…:
Bis wann wird die App entstehen?
Können Fehler bereits bei der Photoaufnahme auftreten? Wie weit ist die maximale Distanz zwischen der Kamera und dem QR-Code? Werdet ihr mit einem entspiegelten Display für den QR-Code arbeiten? Mit welchem Endgerät werdet ihr arbeiten?Beste Grüße,
Florian
7. Juni 2021 um 14:54 Uhr #2250Marcel C. HagnerTeilnehmerLieber Florian,
Danke für deine weiteren Rückfragen und das Interesse. Ich gebe mir Mühe, alles bestmöglich zu beantworten. Wie schon gesagt, wir sind noch in der Entwicklung und auf der Suche nach Optimierungsvorschlägen.
1. Die Alpha kommt nächste oder übernächste Woche bei uns an. Diese wird zunächst nicht frei zugänglich sein. Später wird sie dann über einen Store beschränkt verfügbar sein. Die App ist ja auch sehr speziell auf unsere Bedürfnisse in BaWü zugeschnitten, wir wären aber bereit, eine erweiterte Version auf unsere Kosten entwickeln zu lassen, wenn klar ist, ob Bedarf an der App herrscht und bekannt ist, welche Einträge/Daten benötigt werden. Das Grundprogramm ist ja vorhanden.
2. Der Abstand ist natürlich abhängig von der Größe des Displays, optischen Variablen (Auflösung, Sensor etc.) und der Winkel, mit dem das Display fotografiert wird. Wir planen, mittels einer im normalen Einsatz befindlichen ca. 20 MP Spiegelreflex mit 18-55mm Objektiv, das Display in ca. 25-35 cm abzufotografieren. Eine Hand löst die Kamera aus, eine Hand hält das Tablet. Oder das Tablet liegt auf einem Tisch/Boden/Koffer.
Wie das in der Praxis klappt, testen wir ab übernächster Woche.3. Zu Beginn arbeiten wir mit unseren Standard-Samsung Doku-Tablets (Samsung Tab Active II oder III), der Plan war aber von Anfang an, mit wasserfesten Touch-E-Ink-Readern/Displays zu arbeiten. Die Samsung-Geräte sind super für die Feldarbeit, nur das Display ist natürlich eine Schwachstelle bei starker Sonneneinstrahlung.
Unsere Tablets haben eine wenig-spiegelnde Displayschutzfolien. Aber es stimmt: der Aufnahmewinkel ist entscheidend, da eine Spiegelung im QC-Code Bereich den Leseerfolg drastisch senkt. Das hatten wir durch erste Tests bereits schnell feststellen müssen. Wir haben aber noch zwei weitere Absicherungen eingeplant: zusätzlich zum QR-Code wird ein 128-Bit Barcode erzeugt und die Daten werden noch als Reintext dargestellt. Sollte also der QR-Code nicht lesbar sein, wird der Barcode zu Rate gezogen und im aller letzten Fall kann die Informationen händisch abetippt werden.
Eine andere Idee ist, den QR-Code nicht Einzel und möglichst groß, sondern mehrere Male exakt gleich “dupliziert” darzustellen, damit Spiegelungen in Teilbereichen des Displays ignoriert werden können. Da kommt aber wieder das Thema Displayauflösung und Schärfe der Aufnahme auf. Wenn die Codes zu klein sind, reicht vermutlich die Auflösung bei unseren Tabelts nicht aus.Das Konzept ist, mit den DSRL-Kameras die QR-Codes händisch abzufotografieren und direkt danach die gewünschte Bilderreihe aufzunehmen, zu dem die Informationen des QR-Codes gehören. Es gibt auch noch an anderen Stellen Schwierigkeiten, vor allem was die weitere Verarbeitung der Bilder mittels eines Pythonskripes angeht, die meisten hat mein Kollege aber bereits gemeistert.
Ich hoffe, das war alles verständlich.
Viele Grüße,
mARCel -
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